Kinder brauchen Märchen

24. März 2011 Aus Von Steffi

Ein Märchen vorgelesen zu bekommen, ist für Kinder etwas ganz besonderes. Zum einen ist es die Ruhe, mit der das Märchen vorgelesen wird, dazu kommt die in der heutigen Zeit oft fremd anmutende Ausdrucksweise. Dies ist allerdings auch bei anderen Geschichten der Fall. Das Besondere an Märchen ist ihre Aussagekraft. Was in den Augen der Eltern dabei als grausam erscheint, sehen Kinderaugen völlig anders.

Dabei wird zwischen zwei Formen von Märchen unterschieden. Zum einen gibt es die so genannten „Kunstmärchen“, zu denen die Märchen von Hans Christian Andersen gehören. Sie sind vom Autor erdachte Geschichten, die zwar in vielen Teilen die Grundstruktur der Märchen aufweisen, jedoch nicht auf überlieferten Erzählungen beruhen.

Auf der anderen Seite stehen die sogenannten „Volksmärchen“, zu denen die Märchen gehören, die von den Gebrüdern Grimm gesammelt und aufgeschrieben wurden. Ihre Sprache ist dabei für heutige Ohren recht angestaubt. Dazu kommen sehr viele für Eltern grausam anmutende Textstellen oder Schlusspassagen. So gibt es durchaus Eltern, die zwar das Märchen von Aschenputtel vorlesen, doch darauf verzichten, die Passagen vorzulesen, oder auch diese abzuwandeln, in denen sich die Stiefschwestern selbst verstümmeln, um in den berühmten Schuh zu passen. Sie erscheinen sehr grausam, ebenso wie die Strafe, die die Schwestern für ihren Täuschungsversuch am Ende des Märchens erhalten. Auch die Hexe von Hänsel und Gretel landet bei vielen Eltern nicht im Ofen, zu grausam erscheint ihnen das Bild.

Kinder jedoch brauchen auch diese Stellen des Märchens. Sie sehen dabei nicht wie Erwachsene eine grausam verbrennende Frau oder die Selbstverstümmelung, für sie steht die Aussage, dass auf eine grausame Tat eine ebensolche Strafe folgt. Das Böse verliert im Volksmärchen immer deutlich. Für Kinder ist dies eine Aussage, die für die Welt Bestand hat.